Wie wäre das?
Es ist Sonntag, der 16.Juni 2019 auf der Adventure-Anlage in Stuttgart-Degerloch, kurz vor Beginn des vorentscheidenden Matchs der Proctor&Gamble–League zwischen den 4er-Teams der Neckar-Carreras aus Stuttgart und den Rhein-Ruhr-Crackers aus Duisburg. Beide Teams werden präsentiert – die Stuttgarter mit ihren unverkennbaren Porsche-Logos auf den Shirts, die Duisburger mit dem Hauptsponsor Leibniz – kurz bevor die Spielpaarungen ausgelost werden. Mehr als 1000 Zuschauer fiebern vor Ort mit.
Für den Sender „Sport 2“ ist in den Sommermonaten sonntags zwischen 11.00 Uhr und 12.30 Uhr „Adventure-Matchtime“ mit der Direktübertragung des Highlights der Proctor&Gamble-Leage. Kommentiert werden diese Matches vom unvergleichlichen Vlado Teupic, der diesen Sport nicht nur mit atemloser Spannung auf die Fernsehzuschauer übertragen kann, sondern auch ein unerschöpfliches Wissen über Spieler, Plätze oder besonders kuriose Schläge in seine Kommentare bringt, gewürzt mit sehr viel Humor.
„Sport 2“ ist sehr zufrieden mit den Quoten um diese Sendezeit (die werberelevante Zielgruppe schält sich, zum Teil noch eng umschlungen, gerade aus den Federn und viele verfolgen als Start in den Tag das Match: „Booäähh, haut der dat Ding doch glatt mit einem Schlag da rein!“). Diese recht hohe Akzeptanz garantiert den Vereinen und damit den Spielern genügend Sponsoren-Einnahmen, um den Sport professionell betreiben zu können.
Das erste Paar geht auf die Anlage, es ist der Stuttgarter Fritz Assle gegen die Rhein-Ruhr-Spitzenspielerin Cordula Streifschuss, natürlich spielen Frauen und Männer gemischt, je nach Leistungsvermögen – die Duisburger haben 2 Frauen im Team, die Stuttgarter nur eine. Insgesamt sind weniger Frauen in der League, die Werbestrategen wollen dies aber für 2020 dringend ändern – hier wäre noch Nachholbedarf.
Wer eine Bahn gewinnt holt für sein Team einen Punkt. Bei Unentschieden wird kein Punkt vergeben.
4 Bahnen sind die beiden allein auf der Anlage, dann wird die zweite Paarung auf die Anlage geschickt. Nach weiteren 4 Bahnen der zweiten Gruppe steigt die dritte ein und nach 4 weiteren schließlich die vierte. Es darf keine Leerläufe geben, deswegen hat der Spieler nur 30 Sekunden Zeit, den ersten Schlag zu machen.
Die Zuschauer gehen begeistert mit. Fritz Assle nimmt Cordula Streifschuss gleich die ersten vier Bahnen ab, Vlado Teupic kommentiert begeistert (seine kritische Einstellung zum Frauensport ist bekannt, er hat sich vor seinem Engagement beim Adventure-Golf durch ganz und gar abträgliche Kommentare zum Frauenfußball aus der Fußballredaktion hinausgeschossen, bei der er früher beschäftigt war).
Das zweite und das dritte Paar sind inzwischen auf dem Platz und das Match gleicht sich aus – 8:7 steht es, als das vierte Paar in den Kampf einsteigt, eine reine Frauengruppe, Magdalene Häberle gegen Schantall Koslowski.
Inzwischen ist über eine Stunde vergangen, die ersten drei Gruppen haben ihre Runde gespielt, es steht inzwischen 32:33 und nur noch die beiden Frauen der Schlusspaarung sind da, sie haben noch 4 Bahnen zu spielen.
Drei davon enden unentschieden, jeweils zwei Schläge werden benötigt. Bei der letzten Bahn unterläuft Koslowski ein Patzer, der letzte Schlag schien recht leicht, aber der Ball erreicht nur den Lochrand, und sie braucht noch einen dritten. Die Großaufnahme zeigt ihr ärgerliches Gesicht. Häberles Ball bleibt weit vor dem Loch liegen, eine ganz schwierige Aufgabe. Vlado Teupic Stimme überschlägt sich fast, das Publikum skandiert laut und rhythmisch „Mag-da, Mag-da“, wird einen Moment ruhig, Häberle schlägt und der Ball rollt mittig ins Loch zum Unentschieden. Man sieht im Hintergrund Schantall Koslowski, wie sie ihren Schläger in die Ecke schleudert.
Die Rhein-Ruhr-Crackers konnten die Chance, sich an der Tabellenspitze abzusetzen, nicht nutzen, so bleibt es spannend, wer als deutsche Mannschaft im September die European Adventure-Challenge erreicht, wo es um das Preisgeld von 500.000 Euro geht.
Vor allem viele junge Zuschauer vor Ort holen sich jetzt Schläger und Ball, um selbst zu spielen, die älteren holen sich Getränke, manche bestellen auch zu essen.
Einer, der vor vielen Jahren mal beim BGC Unteroberdorf das sogenannte „Bahnengolf“ gespielt hat, das auch heute noch von einigen 100 Freaks so betrieben wird wie seit über 50 Jahren, fragt irritiert, ob denn tatsächlich nur eine einzige Runde gespielt würde. Das hätte doch sportlich gar keine Aussagekraft. Homerisches Gelächter schlägt ihm entgegen.
Punkt 12.30 Uhr gibt Vlado Teupic zurück in seine Sendezentrale.
„Wer Visionen hat, soll ins Krankenhaus“ (Altbundeskanzler Helmut Schmidt)
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